Radfahrer-Club 1903 Ilbenstadt e.V.

Seid stark, haltet durch, Jammerer verlieren!

Ilbenstädter Radtouren
Eine unterirdische Radwanderung
am 3. November 2019 mit dem Rad unter Tage

Kurz hinter der hessisch-thüringischen Grenze kamen wir früh in Merkers an. Das Erlebnisbergwerk war unser Ziel. Lange hatte man hier vorwiegend für die Kalidüngerproduktion Salz an das Tageslicht gebracht, hat rund 4.600 Kilometer Stollen in verschiedenen Ebenen vorangetrieben, um dann jenseits der Wirtschaftlichkeitsgrenze mit dem Betrieb eines „Erlebnisbergwerkes“ ein neues Standbein in der Region zu haben. Bergwerke werden nicht einfach still gelegt und verlassen. Auf Jahrzehnte sind Unterhaltsarbeiten erforderlich, will man überirdische Folgeschäden vermeiden. Dies hat uns die faszinierende Möglichkeit eröffnet, mit Mountainbikes und Crossrädern an einer Eventmountainbiketour über 21 Kilometer in einer Teufe (=Tiefe) von 500 m bis 800 m teilzunehmen.

8 Männer und Frauen des RC 03 Ilbenstadt waren für das Abenteuer bereit. Nach der Anfahrt hieß es, die Abfahrt vorzubereiten. Kurze Radfahrkleidung war für die Temperaturen im Salzbergwerk erste Wahl, 21° bis 28 ° Celsius sollten uns bei einer maximalen Luftfeuchte von 30 % erwarten. Die Fahrräder wurden am Förderkorb abgegeben und während unser Gerät schon in die Grube einfuhr, wurden wir mit den Sicherheitsbestimmungen vertraut gemacht. Dann ging es los. Ausgerüstet mit Stirnlampen strebten wir dem Förderkorb entgegen, gaben unsere Fahrmarke ab und schon ging es 90 Sekunden mit einer Geschwindigkeit von 8 m/sec abwärts. 500 Meter unter der Erde ging es auf die Räder und unserem Guide Rainer hinterher. Nach kurzer Zeit gewöhnten wir uns an den eigentümlichen Geruch und die uns umgebende Dunkelheit. Beleuchtung war auf weiten Strecken Fehlanzeige, die Fahrradbeleuchtung und die Stirnlampen halfen uns durch das Dunkel.

Um uns herum nur Salz, weiß, grau, hier und da mit gelblichem oder rötlichem Schimmer versehen. Unter den Rädern überwiegend eine schwarz glänzende, feste Salzschicht, der Schlaglöcher und auch Stellen mit Salzgranulat nicht fremd waren, die aber grundsätzlich gut befahrbar war. Zwei Radlerinnen und ein Radler vertraten nach vollflächigem Körperkontakt mit dem Geläuf punktuell abweichende Meinungen …

Gleich nach dem Start lauerte eine kurze, knackige Steigung auf uns. 60 Höhenmeter bei einer 17 %-igen Steigung wollten überwunden werden, um zum großen Salzbunker zu kommen, der heute als Veranstaltungsraum dient. Ein Schaufelradbagger begrüßte uns in dem 250 x 22 x 18 m (LxBxH) großen Saal, der freitragend aus dem Salz gehauen früher den Salzvorrat von rund 50.000 t für die Kaliproduktion des Wochenendes aufnahm und der heute als Veranstaltungsraum mit einer hervorragenden Akkustik dient. Nach der Lasershow ging es weiter zum Goldraum, wo seinerzeit die Währungs- und Goldreserven sowie die Kunstschätze des 3. Reiches vor den Alliierten in Sicherheit gebracht werden sollten. Doch in den letzten Kriegstagen wurden die Schätze von der US-Armee gesichert. Während die Kunstschätze wieder ihren Weg nach Deutschland fanden, verliert sich die Spur des Goldes auf dem Weg nach Amerika.

Nach einer weiteren Station mit bergmännischem Großgerät, einer Sprengsimulation, kamen wir bei 800 m Teufe an. Es war warm und die kilometerlange Abfahrt, zuletzt einen Kilometer über 17 % Gefälle, machte sich mit uns bereits für die Rückfahrt bekannt. Bei 28° Celsius und trockener Luft waren die Getränke willkommen. Unser „Sturzopfer“ wurde versorgt und mit einem Pflaster am Kinn konnte dann schon wieder die Kristallgrotte besichtigt werden. Einzigartig die Ansammlung von Salzkristallen, die fast nicht als solche erkennbar waren bis hin zu Riesen mit einer Kantenlänge von bis zu einem Meter – und die wachsen sicher noch … In wechselnd farbigem Licht und mit Musik unterlegt, zog uns die Atmosphäre der Kristallgrotte in ihren Bann.

Jetzt wurde es ernst, das Streckenprofil wies es aus. Die Räder wurden in Fahrtrichtung gedreht und vor uns ging direkt die Steigung los. Rund 10 Kilometer ging es aufwärts, davon gleich zu Beginn einen Kilometer mit 17 % Steigung. Sie ging zurück auf 15% und weniger. Die Strecke war freigegeben und der Guide konnte auch überholt werden. Voraussetzung war, dass sich an zwei markierten Haltepunkten die Gruppe wieder sammelte. Nicht alle machten davon Gebrauch, den Guide zu überholen. Auch die Fahrt am Ende des Feldes hatte ihren Reiz; alleine in völliger Dunkelheit, tief unter der Erde. Eine Erfahrung, die jeder genießen konnte, dem Klaustrophobie fremd war.

Dann ging es schon wieder zum Förderkorb. Penibel wurden die Fahrmarken ausgegeben und wehe, wenn eine übrig blieb. Dann hätten die Salzgrotten eine Radfahrerin, einen Radfahrer behalten. Schön, dass es einfache und wirksame Sicherheitsvorkehrungen gibt. Zur Sicherheit gehörte auch, dass außer Hör- und Sichtweite ein Lkw die Radlerschar begleitete, um Hilfe zu leisten und/oder einen Fahrdienst anzubieten, wenn die Leistungsgrenze eines Pedaleurs überschritten war.

Im Förderkorb, der praktischerweise 3-stöckig angelegt war, ging es wieder in 90 Sekunden an die Erdoberfläche. Hier erwartete uns ein reichhaltiges, deftiges Bergarbeiterfrühstück, das uns auch noch in der Mittagszeit gut bekam. Während des Essens und der Verarbeitung des Erlebten in angeregten Gesprächen, wurden unsere Fahrräder wieder an die Oberfläche gebracht. Das nächste Abenteuer wartet …

Impressionen von dem unterirdischen Vergnügen:
Bilder bis laufende Nummer 072 – Wilhelm Schröder
Bilder ab laufender Nummer 073 – Dieter Herbert
Beide: RC 03 Ilbenstadt

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